Der Mensch am Steuer: Warum das eigene Auto (noch) so wichtig erscheint

Ah, das eigene Auto! Ein Heiligtum auf vier Rädern, das wir liebevoll als unseren „Freund“, „Begleiter“ oder, in manchen Fällen, „Schrotthaufen mit persönlichem Charakter“ bezeichnen. Es steht für Freiheit, Unabhängigkeit und natürlich das ultimative Gefühl von Kontrolle. Ein Knopfdruck, ein Schlüsseldreh, und schon ist man Herr über 1000 Kilogramm geballte Technologie – oder zumindest ein stolzer Besitzer von 800 Kilogramm Rost und Nostalgie.

Doch warum klammern sich so viele von uns immer noch ans eigene Auto, während die Welt um uns herum alternative Mobilitätsmodelle feiert wie einen frisch erfundenen Sommer-Cocktail? Vielleicht, weil das Auto mehr ist als ein Fahrzeug. Es ist ein Statement, ein Stück Identität – und manchmal ein rollendes Lager für unsere „Vielleicht brauche ich das noch“-Sachen.

Das Gefühl von Freiheit: Oder wie man Stau romantisieren kann

Hand aufs Herz: Hat sich jemand jemals frei gefühlt, während man im Berufsverkehr auf der A7 standen? Wahrscheinlich nicht. Aber irgendwie gelingt es uns Autofahrern trotzdem, den Moment der Freiheit zu idealisieren – vielleicht, weil wir es lieben, an die 15 Minuten auf der leeren Landstraße zu denken, bevor uns der nächste LKW ausbremste. Freiheitsgefühl ist eben auch eine Frage der Perspektive.

Für viele von uns bedeutet ein eigenes Auto aber genau das: ein Stück Unabhängigkeit, die Möglichkeit, jederzeit loszufahren, ohne auf Fahrpläne, Apps oder andere Menschen angewiesen zu sein. Es ist dieses Gefühl, das uns dazu bringt, selbst eine Garage anzumieten, obwohl die Miete fast so hoch ist wie die für unsere Wohnung.

Das Statussymbol: Von goldenen Lenkrädern und abblätternden Aufklebern

Ja, das Auto war lange Zeit das ultimative Statussymbol. Ein schicker Wagen sagte mehr über einen Menschen aus als seine Visitenkarte. „BMW“ stand für Erfolg, „Golf“ für Bodenständigkeit, und „Fiat Panda“ für den Mut, sich nicht um Meinungen zu scheren. Doch in einer Welt, in der SUVs und Elektroautos den Markt erobern, verliert das Statussymbol an Glanz.

Und dennoch: Viele von uns haben ein Auto, das mehr Geschichten erzählt, als wir jemals wollen würden. Der eingetrocknete Kaffeefleck auf der Mittelkonsole, die Schramme, die wir „absichtlich nicht reparieren lassen, weil es ein Gesprächsstarter ist“, oder der Duftbaum, der seit 2008 im Rückspiegel baumelt – all das macht unser Auto zu einem Teil von uns. Statussymbol hin oder her.

Vertrautheit: Ein zweites Wohnzimmer auf vier Rädern

Das eigene Auto ist mehr als ein Fortbewegungsmittel. Es ist unser privater Rückzugsort. Hier singen wir lauthals mit, obwohl wir keinen einzigen Ton treffen, essen heimlich Pommes, obwohl wir uns vorgenommen haben, die Sitze sauber zu halten, und führen tiefgründige Gespräche – mit uns selbst.

Vielleicht ist es genau diese Vertrautheit, die das Auto so unverzichtbar macht. Es ist ein Ort, an dem wir die Kontrolle haben (solange die Elektronik mitspielt) und der uns gehört. Ein E-Scooter mag praktisch sein, ein Carsharing-Auto vielleicht modern, aber werden diese uns jemals das Gefühl geben, im eigenen kleinen Universum zu sitzen? Vermutlich nicht. Während der Corona-Pandemie war das eigene Auto auf einmal wieder das sicherste Fortbewegungsmittel der Welt, aber das Fass möchte ich hier nun auf keinen Fall aufmachen, sondern lieber festverschlossen zu den anderen Fässern rollen, die in irgendeinem Endlager vor sich hin rosten.

Das leise Umdenken: Wenn Freiheit zur Flexibilität wird

Doch während wir unser Auto über alles lieben, beginnt ein leiser Wandel. Sind wir ehrlich: Wie oft nutzen wir unseren Wagen wirklich? Steht er nicht die meiste Zeit rum und kostet uns Geld? Steuern, Versicherung, Wartung – das alles summiert sich, während der Wagen auf dem Parkplatz still vor sich hin altert. Ohne Witz, ich musste bei unserem Familienfahrzeug die hinteren Bremsen wechseln lassen, weil diese durch Nichtbenutzung so festgegammelt waren – wer rastet – der rostet.

Gleichzeitig erleben wir, wie bequem es sein kann, Mobilität zu teilen. Carsharing, Ridesharing, öffentliche Verkehrsmittel – sie bieten eine Flexibilität, die das eigene Auto oft nicht hat. Und mal ehrlich: Hasst ihr nicht auch die Suche nach freien Parkplätzen?

Zwischen Nostalgie und Vernunft

Das eigene Auto ist mehr als ein Gefährt. Es ist ein Stück persönlicher Geschichte, ein Symbol für Freiheit und Kontrolle. Ein rollendes Bilderbuch der Erinnerungen, manche sicherlich schön, manche belanglos, einige grausam. Doch die Welt verändert sich, und mit ihr unser Verständnis von Mobilität. Vielleicht wird das Auto nie ganz verschwinden, aber es wird seinen Platz in unserem Leben neu definieren müssen.

Für viele bleibt das eigene Auto ein treuer Begleiter, ein Stück Vertrautheit und ein Funken Nostalgie in einer sich rasch wandelnden Welt. Aber wer weiß – vielleicht ist der Moment gar nicht so fern, in dem wir sagen: „Schatz, lass uns das Carsharing-Auto nehmen. Unser Wagen ist sowieso wieder in der Werkstatt.“ … und ich tippe diese Zeilen, während unser Fahrzeug in der Werkstatt steht, die Pneus haben sich plattgestanden und vor der Profillosigkeit das zeitliche gesegnet. Der Tüv ist auch schon wieder seit Monaten abgelaufen, hat halt keiner gemerkt – genauso wenig übrigens wie die Tatsache, dass unsere Satelliten-Schüssel schon seit Jahren nicht mehr funktioniert. Genau wie das Streaming das lineare Fernsehen verdrängen wird – zumindest in den meisten Altersgruppen, so wird sich auch die Art der Individualmobilität verändern. Nicht für alle, nicht für jeden, schon gar nicht für dich, aber eventuell für mich und deinen Nachbarn.

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